F.A.Z.-Archiv
 
Technik und Motor Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.05.2007, Nr. 122, S. T6


So schön kann's aus Aachen klingen
Die Lautsprechermarke Audiodata ist Peter Schippers' Lebenswerk

In Aachen weht kreativer technischer Geist - dafür sorgt schon die renommierte Hochschule. Auch der Elektroingenieur Peter Schippers, Anfang 50, steht dafür, geborener und studierter Aachener, gestandener Unternehmer und mit seinen Lautsprechern etablierter Mitbewerber in der High-End-Szene. Wie bei so manchem dieses Berufsstands reicht seine HiFi-Infektion in Jugendtage zurück - zu ersten Basteleien mit unzureichendem Material, das rasch den Wunsch nach Besserem weckte.

Schritt für Schritt ging es dann voran, zunächst mit dem Angebot von Lautsprecherbausätzen parallel zum Studium, dann mit dem Wagnis Selbständigkeit und zunehmend mit Fertigprodukten. Sein heutiges Unternehmen Audiodata (www.audiodata.eu) geht aufs Jahr 1985 zurück. Da gab es schon seinen Boxen-Erstling, die Bijou, die 1984 einen begeisterten Test in der Fachpresse auslöste und Schippers auf einen Schlag bekannt machte. Händler konnten gewonnen und der Wirkungskreis erweitert werden. Weitere Modelle kamen hinzu: die Cadeau, die große Elance, die Echelle als erster Bassreflexlautsprecher der Marke und die kleine Filou. Problemsituationen wurden bewältigt: so das unerwartete Ausscheiden des für die Verwaltung zuständigen Anfangspartners und 1999 der unerlässliche Umzug in eine geeignetere Fertigungsstätte nahe dem Aachener Europaplatz. Prinzipal Schippers hat lernen müssen, neben seiner Entwicklertätigkeit auch den Bürokram zu beherrschen. Aber sein Ingenieurverstand und sein HiFi-Herz favorisieren eindeutig seine technische Funktion.

Die Audiodata-Lautsprecher spiegeln diese Hingabe. Schon früh hat sich Schippers bei seinen Entwicklungsarbeiten vom Computer helfen lassen: Ein auf dem Commodore C64 basierender Messplatz versieht noch heute tadellos seinen Dienst neben topaktueller Hard- und Software. Eine hundertprozentige Eingangskontrolle der zugelieferten Bauteile ist Ehrensache, ebenso wie das exakte paarweise Selektieren und immer neue Prüfgänge bis zum fertigen Chassis. Den Gehäusebau hat Audiodata schon seit geraumer Zeit an Fachbetriebe abgegeben, die Anschaffung einer eigenen CNC-Fräse hätte sich nicht gelohnt. Auch hier wird viel Aufwand getrieben, denn Resonanzen sind gefährlich für den guten Klang. So werden die Gehäuse innen nicht nur sorgfältig mit Holzeinsätzen versteift - aus aerodynamischen Gründen mit gerundeten Kanten -, sondern zusätzlich mit stahlkugelgefüllten Kammern und Filzmatten ruhiggestellt. Zum Ehrgeiz des Unternehmens gehört auch, nach Kundenwunsch jede nur denkbare Art von Furnier und Lackierung anzubieten. Die akustische Überlegenheit von Koaxial-Lautsprechersystemen, die als Punktschallquelle wirken und kaum unter Phasenversatz leiden, hat Schippers längst erkannt. Zusammen mit dem norwegischen Edelhersteller Seas entwickelte er ein Koax-Chassis - ein 25-Millimeter-Kalottenhochtöner aus Seidengewebe im Zentrum eines separat angetriebenen 17,5-Zentimeter-Tiefmitteltöners mit Magnesium-Konusmembran -, das zu den anerkannt besten seiner Art gehört und im Audiodata-Programm inzwischen in mehreren Varianten verbreitet ist. Auch einem anderen Ansatz zur Punktschallquelle, dem Breitband-Chassis, hat er sich nicht verschlossen. Ein solcher Schallwandler arbeitet in seinem neuen Lautsprecher Jolie und bewältigt dort ein Frequenzband von 250 bis über 20000 Hertz.

Das heutige Programm umfasst acht Modelle: die kleineren Boxen Petite, Partout und (für die Wandbefestigung optimiert) Carré, die Standlautsprecher Jolie, Ambiance und Avancé (diese auch in einer teilaktiven Version, also mit integriertem Verstärker für den Bassbereich), als Flaggschiff die übermannshohe und grundsätzlich teilaktive Sculpture sowie das aktive Tieftonsystem Soutien, mit dem Audiodata die Vorteile des Subwoofers auch als Ergänzung für hochwertige Standboxen bewies. Als eine für alle durfte uns die Audiodata Partout als Beispiel für den Geist des Hauses dienen. Und sie tat es mit Bravour. Die 48 Zentimeter hohe Box, 2002 vorgestellt und seither ein Dauerbrenner am Markt, trägt ihren Namen (französisch für "überall") nicht zu Unrecht. Da sie symmetrisch aufgebaut ist - das mittig plazierte Koax-Chassis wird flankiert von zwei Bassreflexöffnungen, die eine wandnahe Aufstellung des Lautsprechers erlauben -, kann sie stehend oder liegend, in Surround-Anlagen also auch als Center oder als rückwärtige Effektbox eingesetzt werden, ohne dass Änderungen in Abstrahlverhalten und Klang zu befürchten sind. Der Tiefmitteltöner gibt den Bereich von 50 bis 2300 Hertz wieder, darüber ist die Hochtonkalotte zuständig; eine hochwertig bestückte Frequenzweiche, individuell für jeden Lautsprecher rechnersimuliert und platinenlos aufgebaut, verteilt die Aufgaben verlustarm. Sie bezieht das Signal aus einem Anschlussterminal mit den innovativen Nextgen-Klemmen von WBT, das auf Wunsch verdoppelt werden kann, zum getrennten Anschluss des Hoch- und Tiefmitteltonzweigs - eine Option, die sich nach unseren Eindrücken unbedingt empfiehlt.

Wir haben die Partout intensiv probegehört. Für abgrundtiefe Bässe, das sei vorausgeschickt, sollte man der Audiodata-Philosophie folgen und sich der Mitarbeit eines Qualitäts-Subwoofers versichern. Doch die Koax-Theorie fanden wir glänzend bestätigt. Punktgenaue Abbildung von Instrumenten und Sängern, perfekte Räumlichkeit und eine bemerkenswerte Unabhängigkeit vom Hörplatz waren unter den gegebenen Voraussetzungen kaum überraschend. Trotzdem konnte die Partout auch Koax-Hörerfahrene begeistern. Und wenn man erlebt hat, mit welcher Präzision, mit welcher greifbaren Plastizität sie etwa bei Maurizio Pollinis Interpretation von Beethovens Diabelli-Variationen (DG 459 645-2) den Flügel in den Raum stellt und den Klang atmen lässt, dann braucht einem um die Zukunft der Stereowiedergabe im Multikanalzeitalter nicht bange zu sein. Vorausgesetzt, die Hardware hat Audiodata-Niveau. Dass dieser Standard nicht billig sein kann, leuchtet ein. Das Aachener Programm reicht von 3360 Euro (Paarpreis) für die günstigste Ausführung der Petite bis zu 49500 Euro für die Sculpture in Klavierlack. Für ein Pärchen Partout (die aktuelle, gegenüber dem Ursprungsmodell verbesserte Version trägt den Zusatz II) sind je nach Furnier oder Lack 3560 bis 4720 Euro aufzuwenden, Ständer für 370 bis 390 Euro das Paar kommen gegebenenfalls noch dazu. Bester Klang für gutes Geld - diese Formel geht allemal auf. Und sie war von Anfang an Schippers' Geschäftsprinzip.

GEROLD LINGNAU


Bildunterschrift: Sichere Entscheidung: partout die Partout-Boxen von Audiodata zu wollen.

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